Ein Plädoyer für die Trockenhefe

Trockenhefe findet in deutschen Brauereien weit weniger Verwendung, als im Ausland oder bei den Heimbrauern.

Das Angebot an guten Trockenhefen ist mittlerweile ausgezeichnet. Kein Heimbrauer muss mehr Backhefen mit niedrigem Reinheitsgrad verwenden. Jeder namhafte Hersteller hat mindestens zwei obergärige (Ale, bay. Weizenbier) und zwei untergärige Stämme (Pilsener, Lager) im Sortiment. Dazu gesellen sich immer mehr Spezialhefen für bestimmte Bierstile.

Die Qualität der Trockenhefen unterliegt meist verschiedenen Schwankungen, die nicht unbedingt dem Hersteller, sondern meist dem Vertriebsweg anzulasten sind. Der Brauer will neben einem bestimmten Hefestamm, auch eine eindeutige Menge an aktiven Hefezellen, damit der Sud zügig angären und schnell und verlässlich durchgären kann.

Hefe ist ein empfindliches Lebewesen

Eine Hefe, die dem Brauer Freude bei der Gärung bereitet sollte sehr vital sein, also viele lebende Zellen pro Volumeneinheit aufweisen. Doch bei Trockenhefe lässt sich das nicht so einfach vorab feststellen. Die Erfahrung stellt sich erst nach der ersten Führung ein und eine Zellzählung bzw. Zellflussanalyse kommt bei den kleinen Brauern kaum in Frage.

Die Hefeaktivität nimmt je nach Temperatur über die Zeit ab. Standardpackungen von 0,5kg sind gegenüber kurzfristigen äußeren Temperaturschwankungen unempfindlicher als die 11,5g Sachets der Hobbybrauer, die schnell mal in der Sonne oder auf einem heißen Sudbottich liegend den Hitzetod sterben. Ganz abgesehen von der Lagerungstemperatur ist auch die Anstelltemperatur und die abweichende Würzetemperatur entscheidend. Eine spontane Abkühlung um 2°C vom Rehydrieren zum Gärbottich sind für die meisten Hefestämme ein ziemlicher Schock, der mit spätem angären (Lag-Phase) und schlechtem Durchgären (Log-Phase, stationäre Phase) gestraft werden.

Nicht zu vergessen wäre noch die saubere Hefeernährung und korrektes Rehydrieren. Ausreichend freier Amminostickstoff (FAN) in der Würze durch ein ausgedehntes Maischprogramm sind förderlich, aber eine zu lange Rehydrierung mit Wasser (>30min.) und entionisiertes Wasser (Osmosewasser) entziehen der Hefe wichtige Nährstoffe und lassen sie schnell verhungern. Erbslöh empfiehlt für sein Hefen eine leichte Würze von 6/7°P zu nehmen. Das aktive Belüften der kalten Würze direkt vor dem Anstellen ist für eine ordentliche Hefevermehrung auch bei Trockenhefe zu empfehlen, allerdings nur wenn man steril belüften kann.

Problemvermeidung durch Überdosierung

Die genannten Probleme sind den Herstellern natürlich bekannt und sollen möglichst gar nicht erst auftreten. Die Anweisungen der Hersteller beinhalten alle wesentlichen Hinweise, aber wer weiß schon ob alle sich daran halten. Daher werden die Probleme von niedriger Zellaktivität durch falsche Lagerung, Rehydrierung, Anstellen, Temperatur, Sauerstoff und Hefeernährung in der Dosierung einkalkuliert. So ist es nachvollziehbar, dass selbst große Brauereien ihre Trockenhefe ohne vorheriges Anstellen und Rehydrieren in die Gärtanks geben.

Komplikationsvermeidung auf Kosten des Geldbeutels und des Bieraromas

Die meisten Trockenhefen haben Empfehlungen von 200-400% oder mehr über der notwendigen Dosierung. So muss es einen nicht wundern, dass selbst alte und völlig falsch gelagerte Hefen in unbelüfteten Würzen noch verlässliche Gärarbeit leisten. Ökonomisch ist das für den Brauer nicht, aber dieser will auch freiwillig keine Risiken in der Gärung eingehen.

Dennoch bleibt ein Aspekt, der wenig diskutiert wird. Wie verändert sich das Bieraroma bei der höheren Dosierung?
Vergärgrad und Gärzeiten bleiben bei sehr niedriger und sehr hoher Dosierung im Toleranzbereich, aber Degustatorisch wird das Bier je nach Hefestamm anders ausfallen.

Die Bittere tritt deutlicher und nachhängender hervor, die Vollmundigkeit sinkt ab und produziert leere Biere. Zudem tritt eine Veränderung des Aromprofil teilweise ins estrige oder weinartige ein.

Gern unterstütze ich den Brauer beim Einsatz von Trockenhefen und helfe auch bei der Beschaffung von exotischen Flüssighefen.