Früher wurde Bier fast ausschließlich regional gebraut und nur wenige Kilometer um den Schornstein herum verkauft.

Regionale Rohstoffe prägen lokale Bierstile

Das bedeutet auch, dass nur regionale Zutaten mit Ihren lokal spezifischen Eigenschaften den Bierstil prägten. Im Wesentlichen Mineral- und Härteprofil des Wassers, regionale Züchtungen von Getreide und Hopfen mit lokalen Klima- und Bodenbedingungen, örtliche Mälzungstradition sowie die vor Ort typischen Hefen in der Luft und in den Gärbottichen.

Export eröffnet neue Bierstile

Biere sind aber auch extra für die Haltbarkeit für lange Strecken eingebraut worden. Man denke dabei an die jahrhundertealte Tradition der Exportbiere, die durch höhere Stammwürzen und folglich Alkoholgehalte länger haltbar sind. Oder an die stark eingebrauten und durch intensiven Hopfeneinsatz, der auf eine Gruppe von Bakterien antibakteriell wirkt, Biere für die britischen Kronkolonien, bekannt als India Pale Ale.

Globalisierung ermöglicht eine neue Biervielfalt

Mit dem technischen Fortschritt und dem freien globalen Warenverkehr, können nun einst lokal begrenzte Bierstile weltweit eingebraut werden, deren Qualität durch die dynamischen Bieralterungsaromen hier anders wahrgenommen werden würden, als an der Braustätte. Flüchtige Hopfenaromen können durch eine aufwändige kontinuierliche Kühlkette von den USA nach Europa gebracht werden, aber auch in Europa können durch modifiziertes Wasser und den Hopfen aus den USA die charakteristischen fruchtigen American Pale Ales hergestellt werden.

Der Craft Beer Trend ist Rohstoffglobalisierung

Der Trend kommt für den Biertrinker hier in Deutschland gerade erst an. Für den Hopfen- und Malzhersteller ist er seit nun mehreren Jahren wahrnehmbar und seit den letzten fünf Jahren immens am wachsen. Deutsche untergärige Lagerbiere (z.B. Pils, Helles, Kellerbiere) haben seit Jahrzehnten einen Weltruf, der nicht zuletzt das Reinheitsgebot zum Aushängeschild deutscher Qualitätsbiere gemacht hat. Was die deutschen mit ihren exzellenten Malzqualitäten und Hopfensorten einbrauen, will man auch im Ausland können.

An der Schwierigkeit untergärig saubere Biere zu brauen, oder besser gesagt zu gären und zu lagern, sind schon so einige Brauer in den Weiten Amerikas verzweifelt. Dennoch, der Anspruch ist da und immer mehr Brauern gelingt es gute German Style Lagers zu brauen. Dafür nehmen sie natürlich deutsche Hopfensorten, da deren Aroma mit lokalen Sorten nicht authentisch wäre, aber auch deutsche Malzsorten.

Craft Beer ist auch deswegen teurer, weil die Rohstoffe um die Welt reisen

Dabei ist es immens teuer eine schweres und viel gebrauchtes Gut, wie Malz international in Seecontainern zu verschiffen. Diese Praxis ist kein Einzelfall. Mittlerweile gehen bei großen deutschen Mälzereien erhebliche Anteile der Produktion (teilweise bis zu 50%) als lose oder als Sackware in alle Teile der Welt, wo deutsches Bier gebraut werden soll, dass auch wie ein original schmeckt.

So gesehen ist der Craft Beer Trend in Deutschland nur eine späte Folgeerscheinung einer schon lange laufenden Bierstilglobalisierung. Diese Dynamik stellt auch Anforderungen an die Namensgeber der Bierstile (z.B. BJCP) deren Klassifikation historisch und lokal entstanden ist und nun mit einem Mix globaler Zutaten und mit viel Kreativität einen Rahmen benötigt.

Ein Ende dieser Dynamik ist hierbei nicht in Sicht.